02/07/2024 0 Kommentare
Partnerschaftsreise Tansania 2023
Partnerschaftsreise Tansania 2023
# Ausbildungsprojekt am Kilimanjaro
Partnerschaftsreise Tansania 2023
„Wo kommst du her, und wo willst du hin?“ (Genesis 16,8)
Diese Frage, die der Engel des Herrn Hagar, der ägyptischen Sklavin der Ahnmutter Sarai in ihrer tiefsten Lebenskrise im Zusammenhang der diesjährigen Jahreslosung gestellt hat, wurde uns, den neun Tansaniareisenden dieses Jahres 2023 und unseren Partnergemeinden im Land der Chagga, südlich vom Kilimanjaro zur Leitfrage in zahlreichen Begegnungen und Gesprächen. Sie wurde zur Leitfrage in Beratungen mit Pfarrerinnen und Pfarrern und dem Aufsichtsrat der Berufsschule Uraa Vocational Training Centre (U.V.T.C.) über deren gegenwärtigen Stand und die Zukunft.
„Wo kommst du her …?“ - Antwort: aus den drei Jahren, in denen Corona auch im Land am Äquator im Osten Afrikas viele Opfer gefordert hat.
Ganze Familien sind verstorben, auch viele unserer Bekannten aus den drei Jahrzehnten der Partnerschaft. 2020 und 2021 war es in Tansania verboten, über die Pandemie zu sprechen oder gar Statistiken zu den Auswirkungen anzulegen. Der Ende ´21 selbst an Corona verstorbene autokratische Staatspräsident, wir würden ihn einen „Verschwörungstheoretiker“ nennen, hatte mit gewaltigem Einsatz von Staatssicherheit und Polizei die ca. 70 Millionen Tansanier zum Schweigen über das Thema gezwungen. Erst mit dem Amtsantritt seiner damaligen Vizepräsidentin Samia Suhulu Hassan, der heutigen Staatspräsidentin, hat sich die Politik diesbezüglich grundlegend gewandelt: Das Virus wurde offen als lebensbedrohlich benannt, es wurden offiziell Impfungen zugelassen und organisiert (z. Zt. sind über 50 % der Bevölkerung einmal, über 30 % zweimal geimpft. Eine gute Immunisierung, addiert man die vielen, die eine Infektion überlebt haben! Tansania hat eine vergleichbar junge Bevölkerung).
Bis dahin waren ein Jahr lang alle Schulen im Land geschlossen, auch die unsere. Strikte Kontaktbeschränkungsauflagen schwächten die Wirtschaft. Die Folge war ein dramatischer Einbruch der personellen und finanziellen Ressourcen. Die Familien konnten die Schulgelder nicht mehr aufbringen. So bekamen die Lehrenden nur unregelmäßig Gehalt (aktuell, zur Zeit unserer Abreise, seit November letzten Jahres gar keines). An anderen Aufwendungen für Arbeitsmaterial und für den alltäglichen Betrieb mangelt es. Nach einem Rückgang der SchülerInnenzahl im vergangenen Jahr um fast zwei Drittel gibt es nun ein leichtes Anzeichen der Erholung. Zum Zeitpunkt unserer Abreise Anfang März waren es 42 Schülerinnen und Schüler, also gut die Hälfte der benötigten Zahl von 80 - 90 für einen ökonomisch darstellbaren Betrieb.
Nicht ahnend, wie sich die Zukunftsfrage für das U.V.T.C. verschärfen würde, haben wir bereits im Februar 2020 bei unserem letzten Besuch gemeinsam mit unseren Partnern die Erstellung eines „Strategie-Planes“ beschlossen, der auch seit einigen Wochen vorliegt und vor Ort an alle Beteiligten in Schule und Gemeinden, in Landeskirche und Kommune in gedruckter Form verteilt wurde. Eine englische Fassung und die deutsche Übersetzung ist hier (dt.) und hier (engl.) einzusehen. Es ist ein 5-Jahres-Plan, der die weitere Entwicklung des Ausbildungszentrums zu einer selbständigen Bildungseinrichtung beschreiben soll. Analyse und Ausblick werden mit einer Liste konkreter praktischer Schritte in die Realisierung gebracht. Der längere Weg in die, von Sponsoren unabhängige Zukunft, hat begonnen!
„... und wo willst du hin?“
So genannte „Weiße Elefanten“ gibt es in Afrika genug, also Einrichtungen, die sich überwiegend aus Sponsorengeldern tragen (so z. B. in der Nachbarschaft des U.V.T.C. in Machame: eine niederschwellige Berufsschule, die zu über 90 % des Gesamtbudgets von Spenden aus Deutschland finanziert wird). Brechen die Spendenden weg, muss die Schule schließen. Es bleiben leere Gebäude.
Der Ansatz des U.V.T.C. ist von Anbeginn ein anderer: Die Gebäude des Campus – mittlerweile 8 an der Zahl und damit ausreichend für einen guten Betrieb unter normalen Umständen – haben die Partner aus Deutschland errichtet; das Leben darin, den Schulbetrieb und dessen Finanzierung, müssen die vier Trägergemeinden aufbringen und sichern. Das Ziel ist klar: eine von irgendwelchen Einflussnahmen und Abhängigkeiten freie Berufsschule.
Nach 30 Jahren haben wir auf diesem Weg gemeinsam Kurs gehalten. Die oben beschriebene Krise erfordert allerdings aktuelle und unmittelbare Hilfe, um den Betrieb wieder zu beleben. Unsere Partner sprechen klar vom „New – U.V.T.C.“, in dem die Vorgaben des Strategieplanes strikt umgesetzt werden und binnen 5 Jahren die Schule nicht nur wirtschaftlich erholt, sondern als das attraktive Angebot für junge Frauen und Männer dasteht, als das es von Anfang an gedacht und entwickelt war:
Der Ort einer gut qualifizierten und mit staatlichem Abschluss zertifizierten Ausbildung, der die jungen Leute zu einem selbstbestimmten Leben ertüchtigt.
(Dienstwohnungen für zunächst 2 LehrerInnen)
Mit möglichst vielen haben wir das Gespräch während unseres dreiwöchigen Aufenthaltes gesucht und gefunden: mit den Lehrenden, mit den Schülern, mit den 4 PfarrerInnen der Gemeinden besonders intensiv (!), mit dem zuständigen Superintendenten und dem Landesbischof, dem Konsistorialpräsidenten und dem ehemaligen Bischof, Erasto Kweka, dem es mit seinen 93 Jahren ein ausgesprochen wichtiges Anliegen war, uns zu empfangen und mit uns die Lage zu besprechen. Wir haben gemeinsame Gottesdienste gefeiert, wurden um Predigten dazu gebeten, haben eine Bibelarbeit über die Seligpreisungen (Matthäus 5) erlebt, an den zwei Aufsichtsratssitzungen in der Zeit teilgenommen – und wir haben in all diesen Gelegenheiten eine ernsthafte und der Zukunft aufgeschlossene Offenheit erlebt.
(Slogan der Schule: "Nach einer besseren Zukunft streben")
Am Ende konnten wir mit gut 41 T€ einen neuen Impuls vor Ort geben, das im Strategieplan Vorgedachte beherzt anzugehen. Die Mittel der Spenderinnen und Spender , die wir eins zu eins ohne den Abzug von Verwaltungskosten oder Sonstigem weitergeben konnten (auch die 9 Reisenden haben ihre Aufwendungen für die Reise zu 100 % selbst getragen!) sind für folgende Verwendungen bestimmt:
- Ca. 27 T€ für die Fertigstellung von zwei Dienstwohnungen für Schulleiter und Lehrer – sie stehen spätestens zu Pfingsten dieses Jahres zur Verfügung;
- 4.440 € für die Anschaffung von Computern zur Einrichtung einer zeitgemäßen IT-Ausbildung (Anwendung);
- 5.000 € für Stipendien an arme Familien zur Aufbringung des Schulgeldes (pro Gemeinde können so bis zu 6 SchülerInnen unterstützt werden. Die vier Gemeinden vor Ort haben die Schulgebührenfinanzierung für je drei weitere Jugendliche zugesagt);
- 4.800 € zur Sicherung des Schulleitergehaltes für 24 Monate (200 € pro Monat), um diese zentral wichtige Stelle zur Umsetzung des Strategieplanes attraktiv zu halten, mit Gehalt und Dienstwohnung. Die Besetzung des vakanten Stelle geschieht in den kommenden 3 Monaten!
(Tischlerklassenraum mit Werkstücken)
Die Übergabe dieser Gelder geschah vor dem Hintergrund präziser, zum Teil auch schriftlich festgehaltener Absprachen und Verpflichtungen.
Unsere Partner waren mehr als beeindruckt und baten uns immer wieder, den herzlichen Dank für diese kräftige Unterstützung an alle Spenderinnen und Spender weiterzusagen, was ich hiermit gerne tue:
„A sante sana! - Herzlichen Dank, Gott segne Euch!“
Martin Kirchner, März 2023
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