02/07/2024 0 Kommentare
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. – Impuls zur Jahreslosung 2022
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. – Impuls zur Jahreslosung 2022
# Glaubensimpuls
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen. – Impuls zur Jahreslosung 2022
Jesus Christus spricht:
Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.
(Losung für das Jahr 2022, Einheitsübersetzung – Johannes 6,37)
Und doch wird es in diesem wie auch im letzten Jahr Kirchen und Gemeinden geben, bei denen Menschen am Heiligen Abend nach Hause geschickt werden bzw. vor verschlossenen Türen stehen.
Wie geht das? Wie passt das zusammen? – Anspruch und Zuspruch, menschliche Wirklichkeit und Gottes Wahrheit fallen oftmals auseinander, und dennoch haben beide ihre ganz eigene Dimension und Realität.
Wir wünschen uns, Weihnachten so zu feiern wie früher vor der Pandemie. Wir wünschen uns, Menschen zu umarmen, mit vielen – ohne jegliche Abstands- und Schutzmaßnahmen – zusammen zu sein, mit anderen zu singen, u. v. m.
Doch das COVID-19-Virus macht es nötig, dass Menschen sich und andere davor schützen und gerade nicht in großen Menschenmengen zusammenkommen, sondern Abstand und auch soziale Distanz zueinander halten.
Jedes menschliche Gebäude hat Grenzen und ein begrenztes Fassungsvermögen. Corona zieht diese Grenzen nur eben früher bzw. macht sie eher sichtbar. Selbst der Petersdom im Vatikan mit einer Innenraumgrundfläche von 15.160 m2, der vor der Pandemie für bis zu 20.000 Menschen Platz bot, ließe nunmehr nur noch knapp 4.000 Menschen auf einmal zu. Beide Zahlen, wie groß sie uns auch erscheinen mögen, weisen auf eine maximale Kapazität hin. Aus menschlicher Sicht muss also immer jemand abgewiesen bzw. wieder nach Hause geschickt werden.
Und auch wenn wir vielleicht füreinander und für andere Menschen da sein wollen, so kommt jede*r Einzelne von uns irgendwann an die eigenen Grenzen. Selbst Jesus hatte seine Grenzen als Mensch. Manchen hat er geholfen, vielen anderen aber nicht. Es haben viel mehr Menschen Jesus gesucht, als er ihnen helfen konnte. Aber eines war Jesus immer wichtig: Menschen. Sie alle lagen ihm am Herzen. Und wenn er auch nicht allen helfen konnte, sah und erfühlte er doch ihre Sorgen. Und er spürte ihre Sehnsucht nach Gott und nach Heilung. Jesus fühlte mit jedem einzelnen Menschen, dem er begegnete.
Ich als Mensch vermag das nicht. Zwar kann ich mit vielen Menschen mitfühlen, vielleicht auch für einige, mehrere da sein, aber irgendwann ist es mir einfach zu viel und ich merke, ich komme an meine eigenen Grenzen, die sicherlich viel begrenzter sind als Jesu Grenzen. So und noch viel beschränkter ist leider unsere menschliche Wirklichkeit.
Und dennoch bleibt diese unfassbare, ja großartige Zusage, dieser Zuspruch Gottes in Jesus Christus – für das kommende Jahr: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen, ja, wörtlicher und auch mit Luther übersetzt: den werde ich gewisslich niemals hinauswerfen, hinausstoßen. Ganz gleich, was kommen mag, in welcher Lage ich mich auch befinde, wenn ich mich an Jesus wende, wird er mich freundlich ansehen, annehmen und empfangen, so wie ich bin. Ein in Gottes Augen unendlich wertvolles, von Gott geliebtes und wunderbar gemachtes Menschenkind. Selbst Judas saß mit Jesus am Tisch. Und auch Petrus, der Jesus dreimal verleugnete, erhielt von Jesus den Auftrag: „Weide meine Lammer!“ Ebenso erging es vielen weiteren Menschen so. Jesus hat sie angesehen und angenommen, so wie sie sind und waren: stille und ruhige, laute und leise, kluge und weniger kluge, arme und reiche, mit Schuld beladene, von Fehlern und Unzulänglichkeiten geplagte und einfach alle anderen Menschen, die kamen. Und Jesus stellte dabei keine Bedingungen auf – nach dem Maße: Erst wenn du diese oder jene Bedingung erfüllt hast, dann könnte ich ... vielleicht ... darüber nachdenken, ob ich dich hereinlasse und annehme.
Nein! Jesus sagt deutlich und klar: Wer zu mir kommt, egal, wer auch immer es ist, den werde ich nicht abweisen, ja, den werde ich nicht hinausstoßen!
Doch wie komme ich nun zu Jesus? – Das ist eigentlich nicht schwer und dafür bedarf es auch keines Kirchengebäudes oder Weihnachtsgottesdienstes. So verschieden wir Menschen sind, so verschieden können auch die Wege zu Jesus sein. Es gibt viele Wege und allen ist gemeinsam, dass sie zu Jesus und zu Gott führen können. Im Gottesdienst, beim Singen, beim Tanzen, beim Meditieren, in Gesprächen über Gott, Glaube und Bibel, ebenso in Gesprächen mit Freund*innen, aber auch beim Beten – gemeinsam und allein, in der Kirche, in der Natur oder daheim, und auch bei den unterschiedlichsten Freitzeitaktivitäten, z. B. beim Trampolinspringen, Fußballspielen, Kochen, Backen oder Schachspielen kann ich Jesus begegnen und zu ihm kommen. Einzig wichtig dabei ist die eigene Grundhaltung (jedoch keine göttliche Bedingung!): geprägt von Ehrlichkeit, Offenheit, Liebe, Hingabe und Gelassenheit in jeder Begegnung und Erfahrung. Und natürlich die Unterstützung anderer Menschen, die uns gerade dann zu Engeln werden, wenn wir nicht damit rechnen. Genau das ist dieses „Nicht abweisen!“ Jesu: Er nimmt sich unser an, oft anders als wir es erwarten; doch er lässt uns nicht allein – vor allem nicht mit unserer Not! Das werden wir spüren durch innere Ruhe und im Für- und Dasein unserer Mitmenschen – auch wenn uns das oft erst nach Jahren klar wird. Dadurch kann sich unser Leben spürbar verändern.
Nutzen wir doch noch einmal diese andere Weihnachtszeit und das neue Jahr und versuchen wir, uns Jesus und Gott mehr und mehr anzunähern – im Gespräch mit anderen, in Gottesdiensten, in Briefen und Telefonaten und ebenso in der Stille und im Gebet – oder anderswie und anderswo. Ich bin mir sicher: Wir werden es nicht bereuen! Unser Leben wird reicher und ebenso unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen und zu Gott.
Herzliche Grüße, Pfarrer Sven Stoltmann
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