Glaubensimpuls zum Reformationstag

Glaubensimpuls zum Reformationstag

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# Glaubensimpuls

Glaubensimpuls zum Reformationstag

Religion und Kirche stehen nicht gerade gut dar in der Gesellschaft. Verbindet man Kirche mit Diakonie und der Kältehilfe, dann kommt sie noch ganz gut weg. Auch als Aufrechthalterin von Traditionen zu Weihnachten und zur Hochzeit kann sie hier und da dienen und Orgelmusik wird auch oft geschätzt. Aber Glaube, Religion und Kirche in ihren Wesenszügen werden skeptisch betrachtet. Man findet Gleiches entweder an anderen Orten oder im Privaten oder hält es schlicht für unnötig. Von den vielen Dingen, die mit Kirche in der Geschichte und auch der Gegenwart eher zweifelhaftes verbunden werden, mal ganz zu schweigen.

Die Evangelische Kirche steht in diesem Meinungskonglomerat oft noch einigermaßen gut dar. „Ihr seid ja wenigstens die moderne Version“, höre ich dann. „Bei euch darf man als Frau Pfarrerin werden und als Pfarrerin und Pfarrer sogar heiraten und überhaupt darf man heiraten, wen man liebt – das ist wenigstens zeitgemäß.“ Wenn schon Kirche, dann also evangelisch, scheint mir. 

 „Zur Freiheit hat uns Christus befreit!“ (Gal 5,1) heißt es im Predigttext zum Reformationstag.

Was ist das für eine Freiheit, zu der uns Christus befreit hat? Wie sieht Freiheit aus, die keine Beliebigkeit wird? Und das 500 Jahre nach dem denkwürdigen Reichstag in Worms, auf dem sich Martin Luther vor dem Kaiser verantworten musste und wahrscheinlich eher nicht die Worte gesprochen hat, die ihm seitdem zugeschrieben werden und von großer Freiheit zeugen: Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.

Ein Jahr vor dem Reichstag zu Worms schreibt Luther seine berühmte Schrift: „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ mit den ebenso berühmten Sätzen: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“

Ich muss zugeben, ich bin weder eine große Kirchengeschichtlerin noch eine gute Luther-Schriften-Kennerin. Und auch wenn ich immer erst einen Moment überlegen muss, wie diese beiden Sätze richtig formuliert sind, so berühren sie doch den Kern meines Glaubens. 

Wenn ich versuche, sie mir zu übersetzen, (alleine schon, weil der „frei Herr“ mir nicht entspricht), dann müssten sie in etwa heißen: Gott schenkt Freiheit, die mich frei macht von Zwängen aller Art. Ob ich nun besonders viel weiß oder nicht, ob ich viele Freunde habe oder nicht, ob ich erfolgreich bin oder nicht – bei Gott spielt all dies (und vieles mehr) keine Rolle. 

Und damit diese Freiheit nicht beliebig ist, ist ein zweites wichtig: Die von Gott geschenkte Freiheit verwirklicht sich zugleich nur, wo ich Verantwortung für andere übernehme. 

Diese Verantwortung – und auch darauf kommt es an – ist aber nicht als Leistung oder Zwang zu verstehen, sondern sie kommt von ganz allein. Glaube, der durch die Liebe tätig ist. Der nicht für sich bleibt, sondern sich im miteinander bewährt. 

 Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Vor 500 Jahren hat seine Freiheitsschrift Luther mutig gemacht, nicht von seinen Ansichten und von seiner Glaubensüberzeugung zurückzutreten. Die biblische Freiheitszusage hat auch vielen Menschen später die Kraft gegeben, sich gegen Missstände und Unrecht zu erheben, auch wenn dies manchmal noch so aussichtslos scheinen mochte. Und sie macht uns heute Mut, uns frei davon zu machen, ob Religion und Kirche nun gerade besonders gut oder besonders schlecht in der Gesellschaft dastehen. Sondern im Bewusstsein der Freiheit Verantwortung in unserem persönlichen Umfeld und in der Gesellschaft zu übernehmen. Im Glauben, der durch die Liebe tätig ist. 

Amen. 

Ann-Kathrin Hasselmann (Kreisdiakoniepfarrerin)

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